

Eigentlich habe ich Ever & After – Der schlafende Prinz gar nicht selbst entdeckt. Mein Mann hat mir das Buch geschenkt – und was soll ich sagen? Nach der Hälfte war ich so gefesselt, dass ich sofort Band 2 bestellt habe. Als im Oktober schließlich der dritte Teil erschien, stand für mich fest: Zeit für einen Reread von Band 1 und 2.
Liest man nur den Klappentext, erwartet man vielleicht eine süße, moderne Märchennacherzählung mit etwas Magie und Romantik. Und tatsächlich fängt alles recht märchenhaft an: Vor vielen Jahren gab es echte Märchenfiguren, Magie und Götter – bis die Götter starben und mit ihnen die Magie fast ganz verschwand. Überlebt haben nur einige wenige Nachfahren dieser Märchenfamilien, die ein wenig wie Prominenz behandelt werden, und eine alte Prophezeiung: Wenn der dunkle Prinz durch einen Kuss wieder erweckt wird, soll die Magie zu den Märchenfamilien zurückkehren.
Rain White, eine Nachfahrin von Schneewittchen, hat allerdings wenig übrig für diese alten Traditionen. Sie will sich weigern, an ihrem 18. Geburtstag den „schlafenden Prinzen“ zu küssen – doch sie wird gezwungen. Und natürlich (Ironie aus) erweckt sie ihn wirklich.
Was zunächst wie eine harmlose rebellische -Teenagerin-Geschichte wirkt, verwandelt sich von einer Seite auf die andere (oder für die Figuren von einer Nacht auf die andere) in einen brutalen Überlebenskampf. Innerhalb einer Nacht wird die Welt von Rain und ihren Freunden in Blut, Chaos und Verrat gestürzt – und das ist erst der Anfang. Sollte eigentlich überraschend sein, wenn man die originalen Märchen von den Gebrüder Grimm kennt…
Rain versucht mit ihren Freunden, den dunklen Prinzen aufzuhalten, während dieser alles daran setzt, sie in die Finger zu bekommen, da er sie vor seiner Krönung heiraten möchte. Es entwickelt sich ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel voller Intrigen, unerwarteter Plottwists und Entdeckungen neuer Talente.
Ich bin ein großer Freund der Found Family- und Power of Friendship-Tropes – und Stella Tack setzt sie hier einfach perfekt um. Besonders schön ist auch, dass selbst die Nebenfiguren Tiefe bekommen. Man merkt, dass sie ein eigenes Leben haben, und viele ihrer Geschichten würden sich wunderbar als Kurzgeschichten oder Fanfiction eignen.
Von den drei Bänden ist Ever & After – Die dunkle Hochzeit mein absoluter Favorit. Nachdem der erste Teil noch viel Worldbuilding betreibt und die Gruppe sich erst finden muss, geht es im zweiten tiefer in die Geschichte und viele offene Punkte werden aufgeklärt. Die Story ist gespickt mit Plottwists, die man wirklich nicht kommen sieht. Neben der brutalen Action kommen hier auch psychische Schockmomente hinzu, die schmerzhaft, aber absolut brillant geschrieben sind.
Als Einzelband würde ich Ever & After – Die letzte Stunde einen Punkt weniger geben. Ich fand es zwar großartig, dass wir diesmal auch den POV des Prinzen bekommen, aber der Fokus liegt über weite Strecken nur auf Rain und ihm. Dadurch fehlt mir ein bisschen mein geliebter Found Family-Trope. Außerdem spielt Stella Tack hier viel mit der Magie der Zeit – praktisch, um manche Logiklücken zu erklären, aber nicht immer ganz befriedigend für mich.
Trotz kleinerer Schwächen im letzten Teil bekommt die Ever & After-Reihe von mir die volle Punktzahl-Bewertung. Sie gehört eindeutig zu meinen Jahreshighlights! Emotional, brutal, magisch und unvergesslich – ich würde sie jederzeit wieder lesen (hört sich total pathetisch gestellt an, ist aber einfach so).
Schade nur, dass Stella Tack angekündigt hat, nach Black Bird Academy und Ever & After erst einmal eine Pause von Fantasy-Reihen einzulegen. Nach einem Epilog wie diesem frage ich mich manchmal aber ehrlich, ob Autoren wissen, was sie uns damit antun! Der Epilog wirkt erst wie ein klassisches „sie lebten happily ever after“ aus der Sicht von Cousin Avery – bis die letzten fünf Sätze wieder meine heile Welt erschüttern. Und trotzdem: Avery bleibt mein Lieblingscharakter!
Review von

0 Kommentare